Kurzreferat: Hyperpersonal Communication and Social Information Processing
LV: Forschungen über das Web: Gesellschaftliche Auswirkungen des Web
LV-Leiter: Assoc. Prof. Dr. Markus Appel
gemeinsam mit: Bianca Erharter, Daniel Mendl, Daniel Zimmermann
Thesenblatt
Worum geht es eigentlich? Joseph B. Walther übt Kritik an Ansätzen, welche vermittelte Kommunikation als defizitär beurteilen. Er konzentriert sich auf die Entwicklung persönlicher Eindrücke und interpersonaler Beziehungen.
Darstellung der Annahmen Das Konzept der Hyperpersönlichen Kommunikation fokussiert im Wesentlich, wie Informationen computervermittelt dargeboten und rezipiert werden. Also unter welchen Bedingungen es bei den Kommunikationspartnern zu einer Überattribution persönlicher Eigenschaften kommen kann.
Hyperpersönliche Kommunikation Nach Walther führt die E-Mail nicht zu unpersönlicher Kommunikation, da bei einer freundlichen E-Mail eines unbekannten Senders, der Empfänger den Sender in der Regel auch als freundlich einschätzt. Durch eine positive und vorteilhafte Selbstpräsentation des Senders nimmt der Empfänger den positiven Eindruck durch die Informationen aus der E-Mail an und nimmt gleichzeitig eine übermäßige Ähnlichkeit der eigenen Person mit dem Sender an.
Soziale Informationsverarbeitung
Kompetenz Die Tatsache, dass Informationen die in der Face-to-Face-Kommunikation mittels nonund paraverbaler Kanäle transportiert werden, unter Nutzung eines Kommunikations-Mediums fehlen wird von Walther akzeptiert. Informationen über die Emotionalität und den sozialen Hintergrund des Senders müssen somit über die verbleibenden Kanäle vermittelt werden, dies wiederum erfordert besondere Fähigkeiten (zB das Erlernen von Emoticons).
Motivation Die Motivation ist laut Walther der zentrale Punkt einer erfolgreichen mediierten Kommunikation. Im Gegensatz zur Face-to-Face-Kommunikation muss sich der Sender über die Wahl des Mediums, die Strukturierung der Nachricht und die Abstimmung der Sprache Gedanken machen. Dies erhöht den kognitiven Druck und da man davon ausgeht, dass der Nutzer dem Gesetz des geringsten Aufwandes folgt, wird oft die Face-to-Face-Kommunikation bevorzugt.
Soziale Normen Soziale Normen werden von Walther eher als Hindernis gesehen, da sie unter Umständen die Verwendung von expressiven Sprachelementen behindern können. Beispielsweise wenn in einer Firma die Verwendung von Emoticons auf Grund von sozialer Normen im betrieblichen Kontext unerwünscht ist, so wird der Sprachschatz vermindert.
Zeit Zum einen ist es wichtig zu erkennen, dass mediierte Kommunikation immer mehr Zeit als Face-to-Face-Kommunikation benötigt. Weiters wird das Ergebnis einer Konversation beeinflusst wenn die Beteiligten davon ausgehen zukünftig wieder in Kontakt mit dem Kommunikationspartner zu treten. Ein dritter Aspekt auf der Zeitebene zielt darauf ab, ob die beiden Partner bislang bekannt sind oder nicht, wenn nicht führt das Angebot visueller Information zu einer positiveren Bewertung.
Typische Methodik Walther arbeitet primär im Rahmen eines experimentellen Paradigmas. Die Effekte hyperpersönlicher Kommunikation werden zumeist mit dem Konstrukt Beziehungsintimität erhoben.
Zentrale empirische Befunde Walthers Ergebnisse zeigen, dass bei vermittelter Kommunikation via E-Mail über einen längeren Zeitraum der gleiche Grad an Eindruck vom Kommunikationspartner erreicht wird wie bei der Face-to-Face-Kommunikation. Bei einmaliger oder geringer Interaktion fallen die Ergebnisse klar zu Gunsten der Face-to-Face-Kommunikation aus. Visuelle Informationen (Foto) führten nur dann zu einer positiven Bewertung des Partners, wenn dieser nicht bekannt war. Insgesamt war der sprachliche Inhalt einer E-Mail deutlich wichtiger als das verwandte Emoticon. Allerdings ergab sich ein Negativeffekt, das heißt negative Aspekte (graphisch oder verbal) beeinträchtigten die Gesamtinterpretation der Nachricht.
Kritik Der Hauptkritikpunkt an Walthers „Theorie“ ist, dass sie nur beschränkt als Theorie im eigentlichen Sinne betrachtet werden kann, da es eigentlich eher um die Differenzierung verschiedener intervenierender Variablen geht. Weiters wird seine Aussage, dass bei computervermittelter Kommunikation fehlende nonverbale Information durch spezifische Sprachelemente (zB Emoticons) ersetzt werden kann, als zu optimistisch angesehen.
Literatur
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